Burnout-Prozess nach Herbert Freudenberger und Hilfemöglichkeiten
Herbert Freudenberger war amerikanischer Psychiater und hat in der Literatur erstmals das Burnout-Syndrom beschrieben als auch den Begriff „Burnout“ eingeführt. Es existieren noch eine Reihe weiterer Phasenmodelle eines Burnout-Verlaufs, die je nach Modell zwischen vier und zwölf Stufen unterscheiden. Wer sich hier tiefergehend informieren möchte, dem lege ich das Buch „Das Burnout-Syndrom“ von Prof. em. Matthias Burisch ans Herz.
Nachstehend wird der Verlauf des Burnouts nach den zwölf Stufen von Herbert Freudenberger beschrieben und anschließend anhand dessen entsprechende Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten.
Die 12 Stufen des Burn-out Syndroms
zitiert nach Herbert Freudenberger & Gail North (Freiburg, 1992)
Stufe | Beschreibung | Hilfemöglichkeiten |
---|---|---|
Stufe 1: |
| Vorbeugung durch Coaching und Supervision |
Stufe 2: |
| Vorbeugung durch Coaching und Supervision |
Stufe 3: |
| Vorbeugung durch Coaching und Supervision |
Stufe 4: |
| Vorbeugung durch Coaching und Supervision |
Stufe 5: |
| Vorbeugung durch Coaching und Supervision |
Stufe 6: |
| Vorbeugung bzw. Krisenbegleitung durch Coaching und Supervision |
Stufe 7: |
| Vorbeugung bzw. Krisenbegleitung durch Coaching und Supervision, ggf. ärztl. Behandlung und/oder Psychotherapie notwendig. |
Stufe 8: |
| Vorbeugung bzw. Krisenbegleitung durch Coaching und Supervision, ggf. ärztliche Behandlung und/oder Psychotherapie notwendig. |
Stufe 9: |
| Psychotherapie und/oder ärztliche Behandlung notwendig |
Stufe 10: |
| Psychotherapie und/oder ärztliche Behandlung notwendig |
Stufe 11: |
| Ärztliche Behandlung und Psychotherapie, ggf. stationär z. B. in Fachkliniken notwendig |
Stufe 12: |
| Ärztliche Behandlung und Psychotherapie, ggf. stationär z. B. in Fachkliniken notwendig |
Hilfemöglichkeiten und Empfehlungen je nach Phase:
Kurzübersicht der Stufen
Stufe 1: Der Zwang sich zu beweisen
Stufe 2: Verstärkter Einsatz
Stufe 3: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
Stufe 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Stufe 5: Umdeutung von Werten
Stufe 6: Verstärkte Verleugnung aufgetretener Probleme
Stufe 7: Rückzug
Stufe 8: Deutliche Verhaltensänderung
Stufe 9: Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
Stufe 10: Innere Leere
Stufe 11: Depression und Erschöpfung
Stufe 12: Völlige Burnout-Erschöpfung
Wichtiger Hinweis: Nicht jede Stufe muss sich in eindeutiger Weise zeigen; d. h. die einzelnen Stufen können auch ineinander übergehen bzw. sich überlappen und sind zuweilen nicht klar zu trennen.
Das Stufenmodell teile ich in der Mitte zwischen den Stufen 6 und 7. In die „gesunde“ und die „behandlungsbedürftige“ Hälfte. Die Begriffe „gesund“ und „behandlungsbedürftig“ sind eine bewusste Wortwahl, die zwar eine Grundtendenz zeigen aber nicht unbedingt ihren ursprünglichen Wortsinn entsprechen müssen, daher die Begriffe auch in Anführungszeichen.
Stufe 1 bis 6 – der „gesunde“ Bereich:
In diesem Bereich ist man für das Thema Burnout bei den Ärzten eher unauffällig. Erst im Grenzbereich der Stufen 6 und 7 könnten speziell bei Fehlzeiten (Krankschreibung) eventuell Hausärzte, die die Betroffenen länger kennen aufmerksam werden. Das grundsätzliche Problem dabei ist, dass sowohl Betroffene sich selbst als auch oft betreuende Ärzte (i. d. R. Hausärzte) diese selbst für grundsätzlich gesund erachten. Und an einen Psychotherapeuten will von den Betroffenen in dieser Situation niemand denken, man ist nicht psychisch krank oder man hat ja „keinen an der Klatsche“.
Als Vorbeugung von Burnout können hier effektiv nur Coaching und Supervision ansetzen. Da diese Beratungsformate grundsätzlich nur mit psychisch Gesunden arbeiten.
An dieser Stelle gibt es auch keine echten (finanzielle) Anreize im Gesundheitssystem hier präventiv tätig zu werden. Sollten an dieser Stelle Ärzte anderer Meinung sein, nehme ich gerne entsprechende Hinweise und Vorschläge mit auf.
Stufe 7 bis 12 – die „behandlungsbedürftige“ Stufen:
In diesem Bereich ist unbedingt professionelle Hilfe angesagt: sei es durch Coaches und Supervisoren, Heilpraktiker, Ärzte oder Psychotherapeuten. Im Grundsatz sollte allerdings eher der Weg zum Arzt oder zum Psychotherapeuten führen. Seriöse Coaches und Supervisoren empfehlen diesen Weg auch den Betroffenen. Heilpraktiker führe ich bewusst auf, da es auch genügend Betroffene gibt, die der Schulmedizin vorrangig misstrauisch gegenüberstehen. Und Heilpraktiker dürfen in engen Grenzen bei Burnout auch Heilbehandlungen und Psychotherapie leisten. Wenn aber diagnostisch erkennbar gewisse Grenzen erreicht sind, müssen auch diese zu einem Arzt oder einem Psychotherapeuten verweisen.
Die Betrachtung der einzelnen Stufen
Stufe 1 bis 3: Die ersten drei Stufen können gelegentlich wieder einmal auftreten.
Wenn aber immer wieder z. B. das Gefühl der Unentbehrlichkeit, die Vernachlässigung eigener Bedürfnisse über längere Zeit andauern oder überhöhte Erwartung an sich selbst über längere Zeit andauern oder immer wieder auftreten, können Coaching und Supervision als Vorbeugung hilfreich sein, um neue Strategien für die Lebensführung zu entwickeln.
Das Gefährliche daran ist, dass sich auch viele hoch engagierte Leistungsträger in einer Organisation so verhalten. Aus der Sicht vieler Führungskräfte ist dies ein Zustand der gepflegt und erhalten werden sollte. Ein Irrglaube, der selbst bei einer späteren Krankphase wegen Burnouts oft nicht als solcher erkannt wird.
Stufe 4 bis 8: Coaching und Supervision sind hier sinnvoll, da Betroffene in ihrem Verhalten nach und nach immer mehr Schwierigkeiten im privaten als auch beruflichen Kontext erleben. Probleme mit Partner bzw. der Partnerin, der Familie, Freunden und Bekannten werden mit Rückzug beantwortet.
Gerade wenn der private Bereich als Unterstützung wegbricht, steigt die Belastung auch im beruflichen Rahmen. Und damit beginnt ein schleichender Teufelskreis, der das Fortschreiten im Burnout-Prozess beschleunigt.
Je weiter die Phase, in welcher die Betroffenen sind, umso mehr wandelt sich in der Beratung der Charakter von der Vorbeugung zur Krisenbegleitung.
Ab Stufe 7 bewegen sich Coaching und Supervision in einem Grenzbereich. Hier kann es sinnvoll sein zusätzlich ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Alternativ kann – wenn dort mehr Vertrauen bei den Betroffenen herrscht – ein Heilpraktiker konsultiert werden. Gerade bei körperlichen (somatischen) Beschwerden sind Supervisoren und Coaches verpflichtet zusätzlich auch auf eine Abklärung von einem Arzt zu verweisen. Für Heilpraktiker gilt dies ebenso, soweit dies deren eigenen fachlichen Grenzen überschreitet.
Stufe 9 bis 12: Ab Stufe 9 sind nach meiner Auffassung die Grenzen von Coaching und Supervision erreicht. Hier kann nur noch höchsten psychische Stabilisierungsarbeit bis zum Beginn einer Psychotherapie geleistet werden. Die Empfehlung für eine Abklärung durch einen Arzt ist ab dieser Phase ist absolute Pflicht. Es kann auch die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung der Betroffenen notwendig sein, damit diese z. B. therapiefähig werden.
Die weitere Unterstützung durch Coaching und Supervision sollte bis zum Abschluss der Behandlung nur in Absprache mit dem zuständigen Arzt und/oder Psychotherapeuten durchgeführt werden.
In den Stufen 11 bis 12 ist wegen der akuten Gesundheitsgefahr ist eine ärztliche Behandlung unbedingt notwendig, ggf. eine stationäre Einweisung und Behandlung wegen Selbstmordgefährdung. Bei akuter Suzidgefahr ist das nächste Krankenhaus mit psychiatrischer Abteilung die erste Wahl.
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